Nach Norwegen sollte es gehen, nicht zum Nordkap, aber nach Norwegen. Also wurde kurzerhand ein gemütliches Ferienhaus unweit von Lillehammer gemietet und los gings. Zusammen mit unseren Freunden Tina und Oli wollten wir von hier aus die Gegend mit den Motorrädern unsicher machen. Neben vielen Tagesfahrten sollte uns eine viertägige Rundreise zu Fjorden und Fjellen führen und die atemberaubende Natur Norwegens unvergessene Eindrücke bescheren. Aber lest selbst….
Auf gehts – Fjorde und Fjelle warten
Der mopedfreie Tag, den wir nach der langen Anreise wirklich genossen hatten, war endlich zu Ende. In aller Herrgottsfrühe ging es endlich los zu Fjorden, Fjellen und Trollen. Bei strahlendem Sonnenschein, aber zunächst nur 5 Grad Aussentemperatur ging es zunächst durch das Gudbrandsdal in Richtung Norden. Bei Dombas sind wir ins Ronsdal abgebogen und bekamen einen ersten Eindruck vom Wasserreichtum Norwegens. Unzählige Wasserfälle und der wilde Verlauf der Rauma setzten sich eindrucksvoll in Szene. Beeindruckend war auch die norwegische Ingenieurskunst, mit der man eine Eisenbahnstrecke in einem dafür eigentlich komplett ungeeigneten Tal gebaut hat. Die Trassenführung war jedenfalls absolut abenteuerlich. Nach der Fahrt durch dieses wasserreiche, aber auch wildromantische Tal erreichten wir dann Andalsnes am Romsdalfjord.
Der Trollstigen – Die Leiter der Trolle
Nach einer kurzen Kaffee- und Tankpause ging es dann weiter zum Trollstigen. Hierbei stellten sich die gekauften Statoil-Kaffeebecher erneut als perfekte Investition heraus. Die Straße scheint förmlich am Fels zu kleben und ist wirklich respekteinflößend. Mit alpiner Erfahrung ist das ganze zwar halb so wild, jedoch fahren hier neben Wohnmobilen auch LKW und Busse. Angesichts der Fahrbahnbegrenzungen, die zum Teil nur aus ein paar Felsbrocken bestehen, birgt das ganze schon ein wenig Abenteuer. In so einen Bus würde ich mich jedenfalls nicht setzen.
Auf halber Strecke überquert die Straße dann den Stigfossen, einen Wasserfall der sich 180 Meter in die Tiefe stürzt. Auf jeden Fall einen kurzen Stopp für ein Erinnerungsfoto wert. Oben angekommen erwartete uns eine großartige Aussicht bei herrlichem Sonnenschein, die uns eine ganze Zeit zum Verweilen animierte. Hier wurde natürlich auch erst mal ein kleines Steintürmchen zur Besänftigung der hier lebenden Trolle gebaut.
Hytta – Die erste Nacht auf dem Campingplatz
Die Route führte uns über den Trollvegen und das hochalpine Maiadalen in das mediterran wirkende Valldalen und endete am Norddalsfjord. Hier warteten wir in der Nähe von Sylte eine Zeit lang auf die Fähre und die Überfahrt. Auf der anderen Seite des Fjords lag der von mir anvisierte Campingplatz, wo wir uns zwei einfache Häuschen, Hytta genannt, für die Nacht mieteten.
Nach einem kleinen Einkauf und einer Vesper vor der Hütte ging der erste Tag der Rundfahrt bei einer teuren Dose Bier zu Ende. Die Preise für Alkohol können einem in Norwegen die Lust auf das abendliche Tourbier schon echt vermiesen.
Geirangerfjord – Ziel der Kreuzfahrtschiffe
Nach der ersten Nacht in einer Hytta wurde erstmal gefrühstückt und Dank der neuen Kaffeemaschine in unserer Hytta schmeckte der Kaffee auch wirklich gut. Das Gepäck war rasch verstaut und schon ging es mit der Fähre erneut über den Fjord…… Kurs Hellesylt.
Die Wartezeit nutzten wir zur Ergänzung unseres Proviants und schon rollten die Motorräder auf die Fähre des Geirangerfjords. Die Fahrt durch den 15 km langen Geirangerfjord dauert etwa eine Stunde und ist wirklich Spektakulär. Der Fjord, dessen Felswände sich bis zu 1.000 Meter senkrecht aus dem Wasser erheben, befindet sich rund 100 km von der Küstenlinie Norwegens entfernt und ist ein beliebtes Ziel von Kreuzfahrtschiffen aus aller Welt.
Nach dem Anlegen in Geiranger gab es kein Halten mehr, links abgebogen und in flinkem Tempo die Adlerstraße hinauf. Hier erklimmt man auf einer Länge von 5 km und 11 Kehren eine Höhe von 500 Metern und hat dann einen tollen Blick über den Fjord. Nach einer ausgiebigen Fotosession, umringt von einer japanischen Reisegruppe, ging es die Straße wieder hinunter, um hinter dem Ort den Anstieg zur Dalsnibba anzugehen.
Dalsnibba – Den Gletschern so nah
Auf einer engen und serpentinenreichen Straße ging es flott bergauf der Baumgrenze entgegen. Diese ist, anders als in den Alpen, bereits bei 800 Höhenmetern schon erreicht.
Auf einmal ist man in einer Hochgebirgslandschaft und das ganze gerade mal auf 1000 m über Meereshöhe. Ich wusste zwar, dass man von hier oben einen großartigen Blick auf den jetzt 20 km entfernten Geirangerfjord haben soll, konnte ihn jedoch zunächst nicht entdecken. Also angehalten, Fotos gemacht und auf Tina und Oli gewartet. Plötzlich machte mich meine Weltsozia auf ein am gegenüberliegenden Berghang fahrendes, winziges Fahrzeug aufmerksam. Als ich den Reisebus, der mit bloßem Auge als solcher kaum zu erkennen war, ausmachte, war mir schlagartig klar, wo sich der Aussichtspunkt befand. In Kenntnis der Höhenangst eines Mitreisenden beschloss ich, diese Information zunächst für mich zu behalten und einfach weiterzufahren. Nach einem kurzen Stück wurde der Djupvass-Gletschersee auf 1038 m erreicht, von dem eine mautpflichtige Schotterstraße in steilen Rampen auf die Dalsnibba in munteren 1500 m Höhe führten.
Hier oben auf Augenhöhe mit Gletschern hatten wir den erwarteten Blick auf den jetzt winzigen Geirgangerfjord: unfassbar schön! Nach den obligatorischen Fotos ging es die steile Schotterstrecke wieder hinab und weiter auf der Route, vorbei an Gletscherseen und durch elend lange, nasse und dunkle Tunnels, von denen sogar einer unter einem See verläuft. Da wir durch die vielen Fotostopps und die Fährfahrt auf dem Geiranger dem Zeitplan hinterherhinkten, beschlossen wir das Tagesziel nicht mehr zu erreichen und den nächsten Campingplatz anzufahren.
Schotterstraßen und Mautpflicht?
Wir wunderten uns darüber, für Schotterstrassen eine Maut zu entrichten, während die asphaltierten Strassen kostenlos benutzbar waren. Ein freundlicher Norweger klärte uns auf. In Norwegen wird nur so lange Maut erhoben, bis das Geld für eine Asphaltierung zusammenkommt, danach ist die Benutzung kostenlos. Irgendwie auch logisch.
Radwege haben auch ihren Charme
Der Himmel war nach dem nächtlichen Regen zwar stark bewölkt, aber es blieb trocken. Durch die Bummelei des Vortages galt es, heute noch etwas aufzuholen. Zunächst entlang des Fjords an dem wir übernachtet hatten, sollte es nach einer kurzen Fahrt wieder stramm bergauf gehen. Noch einen letzten Blick auf den Innvikfjord und schon befanden wir uns im Reich von Fjellen und Skigebieten. Auf das Navi war wie immer Verlass, berücksichtigt es doch automatisch meine Vorlieben für schmale Straßen. So lernten wir kurzerhand einen norwegischen Rad- und Fußweg kennen, der Gott sei Dank keine Schranke oder ähnliches hatte. Wenden wäre nicht möglich gewesen.
Die Route führte weiter über schmale Straßen entlang unzähliger Fjorde und Seen, auf Norwegisch Vetnet genannt.
Tunnel – Die besondere Herausforderung
Um den Verkehr in Norwegen zu beschleunigen, werden seit einigen Jahren viele Straßen mit Tunneln ausgestattet. Ziel ist, direktere und damit schnellere Verbindungen zu schaffen. Leider ließ sich auf dieser Etappe der ein oder andere Tunnel nicht vermeiden. Also kamen wir in den „Genuss“, stockfinstere, nasse und eiskalte Tunnels mit bis zu 6 km Länge fahren zu müssen. Da diese in der Regel einfach in den Fels gesprengt werden, aus jeder Ritze tropft Wasser und die Tunnel größtenteils unbeleuchtet sind, hält sich der Spaß hier in Grenzen. Interessanterweise sehen die Norweger das Fahren im Tunnel als besonderen Spaß an. Jedenfalls wurde der ein oder andere Mitreisende von Autos im Tunnel überholt.
Fähren – Ein alltägliches Verkehrsmittel
Wir kamen gut voran und der bewölkte Himmel verleitete uns nur zu wenigen Fotostopps. Die Fahrt entlang eines Fjords kann schon mal ein längeres Vergnügen sein. Die Straßen folgen meist dem Küstenverlauf und so hat man in der Regel den anvisierten Fähranleger über Stunden in Sichtweite. Ohne ihm wirklich näher zu kommen. Nach einer ebensolchen Fahrt entlang des Sognefjord, erreichten wir dann am Nachmittag die geplante Fähre in Dragsvik. Der Sognefjord ist mit 204 km Länge und einer Tiefe von bis zu 1.308 m gleichzeitig der längste und tiefste Fjord Europas. Die Fähre bzw. mehrere Fähren, bedienen in einer Dreiecksfahrt die Orte Dragsvik, Hella und Vangsens. Eine Herausforderung, will man auf Anhieb die richtige Fähre erwischen. Als dann noch Einheimische auf der Fähre ihre Autos wendeten waren die Fragezeichen in unseren Köpfen komplett.
Luxushytta – Genau das richtige
Nach der Überfahrt wurde erst mal der nächste Supermarkt angesteuert, um die Verpflegung für das Abendessen einzukaufen. Während des Einkaufs nahm die Bewölkung rapide zu und so absolvierten wir die letzte Fahrstunde des Tages im Regen. Gegen 19:00 Uhr erreichten wir schließlich den geplanten Campingplatz in Sandvig. Der freundliche und gut deutsch sprechende Besitzer des Platzes machte uns einen guten Preis für eine Luxushütte. Nach wenigen Minuten war diese, ausgestattet mit Dusche, Küche, zwei Schlafzimmern und einem Wohnzimmer von uns bezogen. Das Abendessen schmeckte trotz Regen in der heimeligen Atmosphäre der Hütte ganz vorzüglich. Die kuscheligen Betten ließen uns alsbald friedlich schlummern.
Norweger – Sprechen hervorragend Englisch und Deutsch
In Norwegen wird man als Deutscher in der Regel mit einem ordentlichen Deutsch, zumindest aber einem guten Englisch angesprochen. Komisch, woher kommt diese Sprachbegabung? Bei dieser Frage hilft ein Blick in das norwegische Fernsehen. Norwegen zählt mit seinen 5,4 Mio. Einwohnern nicht gerade zu den einwohnerstärksten Ländern Europas. Es lohnt sich wohl nicht, Filme und Serien aus ausländischer Produktion zu synchronisieren. Deshalb werden diese einfach mit norwegischen Untertiteln unterlegt.
Es darf einen also nicht wundern, wenn man beim Schauen einer hier sehr beliebten Krimiserie den berühmten Satz hört: „Harry, hol schon mal den Wagen“.
Norwegens Gletscher- Einfach faszinierend
Der Regen der Nacht hatte sich verzogen und nach einer Tasse Kaffee waren die Motorräder schnell gepackt.
Ich hatte mir einen Abstecher in das Jostedal in den Kopf gesetzt, hier sollte man mit dem Motorrad unmittelbar an die mächtige Gletscherzunge des Nigardsbreen heranfahren können. Der Nigardsbreen ist ein Ausläufer des Jostedalsbreen, welcher wiederum mit 100 km Länge, 15 km Breite und bis zu 500 m Dicke der größte Gletscher des europäischen Festlands ist. Die imposante Erscheinung begleitet einen ein langes Stück der Anfahrt. Dabei hat man oft den Eindruck, Straße und Gletscher sind eins und nicht voneinander zu unterscheiden.
Vor Ort kann man per Boot den Gletschersee überqueren und an geführten Wanderungen teilnehmen. Worauf wir angesichts der Motorradkleidung dann doch verzichtet haben. Die Sonne schien und der perfekte Anblick des tiefblauen Gletschers zog uns lange in seinen Bann. Ein Mitglied der überall gegenwärtigen japanischen Reisegruppen war ganz angetan von unseren Motorrädern. Insbesondere Olis orangefarbene Honda Varadero musste für ein paar Erinnerungsfotos herhalten. Vermutlich hat der Gute für Honda gearbeitet.
Sognefjell – Die karge Schönheit
Da das Jostedal eine Sackgasse ist, mussten wir die Strecke zurück zum Sognefjord und weiter durch das romantische Fortundalen. Am Ende des Tals begann der Aufstieg zum Sognefjell. Die Straße windet sich durch die beeindruckende Hochgebirgs- und Gletscherlandschaft des Sognefjell. Trotz der vergleichsweisen geringen Höhe von 1450 m, was in etwa 4000 alpinen Höhenmetern entspricht, ist man mit den Gletschern wieder auf Augenhöhe und kann großartige Ausblicke auf den Jotunheimen genießen. Das Jotunheimen ist das höchste Gebirge Norwegens und bedeutet „Heim der Riesen“. Ein Beweis der allgegenwärtigen nordischen Mythologie in dieser wilden Landschaft. Die Ausblicke animierten uns immer wieder dazu, die Motorräder abzustellen und diese beeindruckende Landschaft und Natur aufzusaugen und mit der Kamera zu konservieren.
Zurück zum Ferienhaus
Da wir nicht erst in der Dunkelheit zurück sein wollten, folgten wir der Straße wieder bergab und steuerten unseren nächsten Halt Lom an. Die örtliche Tankstelle sorgte neben der Versorgung mit Benzin auch wieder dafür, dass die Statoil-Kaffeebecher gefüllt wurden.
Nach der Kaffeepause erweckte die berühmte Stabkirche von Lom unsere Neugier. Sie zählt zu den größten erhaltenen Stabkirchen und weiß zu beeindrucken. Die weitere Fahrt führte uns zurück ins Gutbrandsdal und zu unserem Ferienhaus in Gäla.
Die viertägige Rundreise war damit beendet und es folgte ein Ruhetag mit Putz- und Flickstunde. Mensch, Maschine und Material wollten gepflegt werden. Ab jetzt folgten Tagesfahrten in die Nationalparks von Jotunheimen und Rondane.
Tipps
Planung
Zusätzlich zur Planung mit Kurviger.de haben sich für die Planung folgende Literatur und Karten als hilfreich erwiesen:
Baedeker Reiseführer „Norwegen“
Handbuch für individuelles entdecken „Norwegen“
Kartenmaterial Norwegen Mitte / Norwegen Sued Freytag & Berndt 1:250 000A
Anreise
Hier gibt es natürlich unzählige Möglichkeiten. Da wir damals die Motorräder auf dem Anhänger transportiert haben, war für uns die Fähre Kiel – Oslo die entspannteste Lösung. Die Überfahrt dauerte 20 Stunden. Wenn man die horrenden Restaurantpreise an Bord etwas abmildern will, empfiehlt es sich eine Vesper mitzunehmen. Wir haben jedenfalls einen großen Teil des Tages auf Deck verbringen können und das gesparte Geld lieber in ein paar Dosen Bier investiert. Achtung: Das Fahrzeugdeck ist nach dem Ablegen nicht mehr zugänglich!
Übernachtung
Die Übernachtung in Hotels ist in Norwegen ein genauso teures Unterfangen wie im Restaurant zu essen oder ein Bier trinken zu gehen. In Norwegen bieten sich daher ganz klar die Campingplätze an. Diese sind alle paar Kilometer vorhanden und liegen oft an den schönsten Plätzen. Wir hatten sogar Hütten, die direkt am Fjord standen. Hier kann man entweder sein Zelt aufschlagen, oder für schmales Geld eine Hytta mieten. Ist man als Camper unterwegs, bietet es sich an vom Allemanretten Gebrauch zu machen. Dieses gesetzlich verbriefte Recht erlaubt jedem, überall bis zu drei Tagen zu campieren und sogar Feuer zu machen. Auch auf privatem Grund, vorausgesetzt es ist nicht explizit verboten. Eine tolle Sache!
Kaffee
Wer gerne und viel Kaffee trinkt ist in Norwegen in guter Gesellschaft. Die Norweger trinken Unmengen davon. Um hier im Zweifel auch etwas Geld zu sparen empfiehlt es sich, an einer Tankstelle der Kette von Circle K (früher Statoil) einen Thermobecher für umgerechnet € 29,– zu kaufen. Mit diesem Becher hat man bis zum Ende des laufenden Jahres Coffee for Free an allen Stationen der Kette. Einfach anhalten, reingehen und den Becher füllen. Fertig!
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